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Emil Reimann

 

Emil Reimann (1871-1925)

Angela Ransch, die Produktionschefin lacht, wenn man sie nach dem Schichtbeginn für Personal und Backöfen fragt. Rund um die Uhr ist Betrieb in der neu gebauten "Sächsischen Großbäckerei Union GmbH" an der Mauersbergerstraße 4. Und ihr Job findet kaum im Büro statt, sondern meist in den hochmodernen "Backstuben" zwischen Mehl, Wasser, Laboren und Verladerampen. Emil Reimann hätte seine Freude daran.
Sein würdiges Porträt, das in die duftenden Filialen zwischen Salz- und Hainstraße einlädt, gehört zu einem erfahrenen Bäcker, der 1910 nach ausgiebiger Wanderschaft hierher kam, um erstmals eine Brotfabrik zu bauen. "Zu diesem Zweck tat er sich mit seinem Schwager, der ebenfalls Bäckermeister war, zusammen und 1910 wurde die Sächsische Brotfabrik Union von beiden gegründet", wissen wir von Günter Franz Papenbreer, der 1990 die fällige Reprivatisierung mit Fingerspitzengefühl und umsichtigem Frohsinn betrieb. "320 Leute wollen im Hauptwerk täglich Arbeit, da gibt es viel zu unternehmen", war in einer Tageblatt-Reportage seinerzeit zu lesen.
Damals fand sich die Brotfabrik noch in der Rottluffer Kalkstraße, abgelöst seit 2000 vom Neubau. Und Emil Reimann war der Grundimpuls! Selbstredend wohnten Reimanns nahe ihrer Backöfen, sorgten für Erlös, Mehrwert und Steuern. Dass Günter Papenbreer gleich nach der Maueröffnung rasch nach Chemnitz kam, hatte für den gut situierten Lippstadter Textilkaufmann mit vier großen Modehäusern familiäre Gründe: Verehelicht mit Emil Reimanns Enkeltochter war die Zeit gekommen, im alten Familienbesitz wieder die rechte Ordnung einkehren zu lassen. Auch die alte Villa in Blicknähe hatte die pseudosozialistischen Jahrzehnte einigermaßen gut überlebt und barg zur Überraschung der Besitzer gar noch ein Traditionszimmer mit Dokumenten zur weit zurückliegenden Geschichte des Unternehmens. "Die kluge Hand greift nach UNION-Gebäck" stand weithin leuchtend an den Lieferfahrzeugen in Stadt und Land.
Die Szene vor Augen, wie Papenbreer damals 1990 seine Absichten erstmals ankündigte (es werde neu ein Kaffeesortiment und natürlich die einheimischen Stollen einschließlich Weltversand geben), muss heute hochachtungsvoll quittiert werden "Plan erfüllt, Versprechen eingelöst. Die Konditorei produziert ihr Sortiment, das vom Original Dresdner Christstollen über Weihnachtsstollen aus dem Erzgebirge bis zum Baumkuchen reicht und sorgt für globalen Versand für ferne Kunden stets schon im Hochsommer. Mithin: Emil-Reimann-Investitionen bringen Farbe und Freude in die Region, auf Augenhöhe mit all den mittelständischen Bäckereien, die ebenso für ein "wohlfeiles" Sortiment sorgen. Emil Reimann verstarb 1925, wurde in Chemnitz begraben. Zwei Jahre zuvor hatte er sich seinen Traum von einer eigenen Mühle* erfüllt, damit er auch gleichbleibende Mehlqualität in eigenen Säcken wusste. Überliefert ist auch sein Nachdruck für Zutatenkontrolle in eigenen Labors, was heute schlechthin als Lebensmittelhygiene und Verbraucherschutz firmiert.
1923 wurde diese fabrikeigene Rohstoffkontrolle Wirklichkeit.

*Übrigens, der Rottluffer Müller, von dem Reimann die Mühle erwarb, hieß Schmidt: Jaja, der Vater des späteren Ehrenbürgers von Berlin und Chemnitz Karl Schmidt-Rottluff, wie Günther Papenbreer uns gern bestätigt.

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi