Bewertung: 5 / 5

Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv
 

Erich Gollner

 

Erich Gollner

Als Wasserwerksdirektor und Chemnitzer Bezirks-Vorsitzender des "Vereins Deutscher Chemiker" im Bund Deutscher Technik findet sich der Name Erich Gollner im letzten Kriegsadressbuch der Stadt Chemnitz verzeichnet: Dr. phil., wohnhaft Bernsdorfer Straße 274, also wassernah zwischen Wickingbad und Fernwasserleitung, unweit des "Silbersaals". Da war er längst zur "Wehrmacht" eingezogen und geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft. In der hiesigen Wassergeschichte fand sich in den pseudosozialistischen Jahren für Erich Gollner keine Spur, keine Erwähnung, vielleicht, weil die Gollner-Männer nach Kriegsende nicht in die Trümmerstadt und in ihr zerbombtes Wohngrundstück in Bernsdorf zurückkehren wollten? Jetzt erreicht uns aus Krefeld ein altes Papier des Chemnitzer Chemikers, das in der Biografiensammlung unseres Stadtarchivs bewahrt werden soll. So also ist überliefert:
"Der Einfluß harten Wassers auf Seifenlösungen, mit besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse bei der Wollwäscherei und Tuchfabrikation" - so promovierte Gollner in Jena mit seiner als "sehr gut" bewerteten Experimentalarbeit und war sogleich damit in einem Schiedsgerichtsverfahren zwischen der deutschen Kali- und der Textilindustrie kompetent. "Am 1. Oktober 1928 wurde ich als Leiter der von mir neu zu errichtenden chemisch-bakteriologischen Abteilung an das Wasserwerksamt Chemnitz berufen," heißt es.
Beim Bau der neuen Trinkwassertalsperre im Saidenbachgebiet fand sich für Gollner ein reiches Betätigungsfeld mit stets höherer Verantwortung: "Nach sechsjähriger Tätigkeit wurde ich am 1. Juli 1934 zum Direktor der städtischen Wasserwerksbetriebe gewählt und hatte nunmehr die alleinige technische, verwaltungsmäßige und kaufmännische Leitung dieses verhältnismäßig selbständigen öffentlichen Unternehmens mit etwa 42 Millionen Reichsmark Anlagekapital", notiert er. Bei Kriegsbeginn folgte also die Einberufung zur Wehrmacht, und Gollner führte bald ein Technisches Bataillon mit Elektro- und Gas-Wasserkompanien zur Wiederingangsetzung zerstörter Versorgungs- und Industrieanlagen im "Operationsgebiet". Womöglich ist die Nichterwähnung Gollners in den Chemnitzer Annalen den weiteren Kriegsfolgen geschuldet: "Während dieser Zeit (der Gefangenschaft - d. A.) wurde ich von der russischen Besetzungsmacht aus meiner Stellung entlassen. Mein Haus war im März 1945 bei einem Luftangriff zerstört worden, meine Familie fand ich völlig mittellos in Orlamünde (Thüringen) wieder... Als mir die Verpflichtung als Chemiker für die Wismut AG drohte, ging ich mit meiner Mutter nach Krefeld und wurde dafür in der Ostzone formal enteignet."
Die Erinnerung an Dr. Gollner in unserer Rubrik "Gegangener, Gebliebener, Vertriebener" fällt nun zeitlich zusammen mit einer Ankündigung: Der Sohn Dr. Erich Gollners, Eberhard Gollner, tritt im Oktober erstmals in seiner Geburtsstadt mit einer kleinen Schau starkfarbiger Aquarelle in Erscheinung. Im fünften Geschoss von DAStietz können ab 7. Oktober Gollners Botschaften an der Seite von Volker Beiers Plastikfotografien und den Porträtkarikaturen Harald Kretzschmars erlebbar gemacht werden. Späte Heimkehr zu den Chemnitzer Wurzeln, zu dem würzigen Chemnitzer Humus und den klaren Südsachsenwassern, über deren Qualität schon Senior Erich Gollner wachte.

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi