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Heinrich Straumer

 

Heinrich Straumer

Mitglied der preußischen Akademie: Heinrich Straumer (7.12.1876 bis 22.11.1951)

Fern hinterm Brandenburger Tor ragt unübersehbar am Horizont ein Funkturm steil in den Himmel, den der Chemnitzer Abiturient Heinrich Straumer 1926 auf Porzellankugeln dort errichtet hat. Wer etwa das ZDF-Studio Unter den Linden kennt, den hauptstädtischen Großfensterblick zum Adlon, zum Tiergarten und noch weiter westlich, entdeckt zu jeder Jahreszeit bei Tag und Nacht jenen Straumer-Bau, den tausendfach fotografierten Funkturm von Witzleben, nahe Theodor-Heuss-Platz.
Auf Porzellankugeln? Augenzeugen des Großbrandes von 1935 berichteten von der "gleichmütigen Ruhe", mit der Straumer in der aufgeregten Menge kühlen Kopf behielt. Man fürchtete, der Funkturm, dessen Restaurantgeschoss auf halber Höhe schon in hellen Flammen stand, könnte umfallen und durch den Sturz das Unheil vervielfachen. Der Holzbau des Hauses der Funkindustrie, in dem das Feuer ausbrach, war tatsächlich nicht zu retten. Die Besorgnis um den hohen, steil aufragenden Turm konnte Straumer beschwichtigen: Er hatte die vier Beine der Metallkonstruktion auf riesige Porzellankugeln gesetzt. Das einzige, was sich vielleicht ereignen könne, sei eine "für das Auge kaum wahrnehmbare Neigung, die sich nach der Abkühlung wieder korrigieren" werde, beruhigte er die Besorgten. Straumer behielt recht.
Das Werkverzeichnis nennt viele erste Adressen: Heinrich Straumers Vater unterrichtete übrigens am Königlichen Gymnasium auf dem Kaßberg, Hohe Straße, war Konrektor dort. Nicht weit davon war Straumers Heim: Leonhardtstraße 10. Dass sich Heinrich Straumer in jungen Jahren dem Militärdienst nicht entzog (Regiment 181 Chemnitz) führt bis zu dem heutigen Denkmal im Zeisigwald als Memento für die Kriegsopfer dieser Chemnitzer Garnison.
Der Reserve-Offizier mit Maurer-Ausbildung wurde Meisterschüler Wallots, der in Dresden mit dem Ständehaus (Schillingsche Figuren an der Brühlschen Terrasse! Steinerne Urversion in den Chemnitzer Schloßteichanlagen bewahrt!!!) die Kontur der Elbansicht beeinflusste und dem das Reichstagsgebäude (Bundestag) in Berlin zu verdanken ist. Dort also durfte unser Chemnitzer Heinrich Straumer schon unmittelbar als Wallots Assistent am "Präsidentenpalais" mitarbeiten...
Mit solchem Renommee und Format blieb Berlin dann der Schaffensplatz Nummer 1: Privatvillen und die Lutherische Kirche in Wilmersdorf (1907), vornehm erscheinende Wohnhäuser tragen seine Handschrift, er wurde Titularprofessor und Mitglied der Berliner Akademie. Zeitgleich ließ Straumer die Dahlemer Landwirtschaftsschule entstehen und in Chemnitz die Dresdner Bank am Beckerplatz, ein Gebäude, das heute gegenüber Tietz die einstige Reputation Chemnitzer Innenstadtflairs ahnen lässt.
2005 ist ein Eröffnungsjubiläum zu feiern: 75 Jahre "Chemnitzer Hof" - jetzt in der Familie der Günnewig-Kette. Straumer hatte sich am Wettbewerb für ein Chemnitzer Industriehotel am Theaterplatz beteiligt, nicht gewonnen, dann den Ausführungsauftrag zu einer anheimelnden Melange erhalten: Chemnitzer Hof - seit 1930. "Erste Adresse". Mithin auch ein Jubiläum dieser Bauvollendung. Die klare Eleganz des Chemnitzer Hofes führt heute ein metallenes Schild am Hauptsaal des Hauses weiter: "Straumer-Saal". Im Kreis der Architektenzunft werden die Namen Littmann, Behnisch und Straumer gern in einem Atemzug genannt: Drei Chemnitzer!

 

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi