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Helmut Kriegel

 

Helmut Kriegel

Der Samariter sorgte 1990 für die Neugründung

Auch im Abstand der Jahre macht die Nachricht vom März 1998 besonders stolz: "Dem Chemnitzer Samariter Helmut Kriegel wurde das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse zuteil, vom Bundespräsidenten Roman Herzog."
Dieser Mann hatte alle Hilfsbereitschaft zur Lebensaufgabe erklärt, blieb gern anonym in seinem Wirken. Selbst als Filmvorführer der Fettchemie-Werbeabteilung sorgte er hinter den Kulissen, also aus dem Bildwerferraum des großen Verwaltungsspeisesaales an der Neefestraße, für Schärfe, Farbgenauigkeit und guten Ton. Die ständige Einsatzbereitschaft bei Sportfesten, Katastrophenübungen und anderen Gefahreneinsätzen hatte verborgene Wurzeln, die in der Nazizeit nicht ans Tageslicht durften, dann auch nicht in der Diktatur.
Helmut war vorsichtig, höchst vorsichtig. Misstrauisch gegenüber Vereinnahmungen. Und jungen Leuten gegenüber voller Anstöße. Glücklich wurde er erst, als er wieder furchtfrei über die Rolle der Chemnitzer in Deutschlands "Arbeiter-Samariter-Bund" sprechen konnte: Den ASB hatten die Nazis mit ihrer "Gleichschaltung" liquidiert; danach verboten die Alliierten 1945 das Rote Kreuz in allen Besatzungszonen. Erst 1950 kam es zu einer Neugründung für die BRD, die DDR zog 1952 nach. Die Prägung Helmut Kriegels mag auch stark mit dem Bundeshaus des Arbeiter-Samariter-Bundes an der Chemnitzer Ludwig-Kirsch-Straße zu tun haben. Unweit der katholischen Kirche "St. Joseph" auf dem Sonnenberg entstand 1928 das zweckmäßige Gebäude, über dessen Bau der Chemnitzer Kameramann Fred Siegert einen einst reichsweit verbreiteten, noch immer leider verschollenen Dokumentarfilm drehte. Der Chemnitzer ASB-Trupp war so tüchtig und stark entwickelt, dass 1923 der Bundessitz von Berlin nach Sachsen verlegt wurde und in Chemnitz das Bundeshaus entstehen sollte. Die Zensurkarte Prüf-Nr. 21413 von 14. Januar 1929 belegt: Am 16. September 1928 marschierte der Festzug zur Einweihung durch die Stadt...
Schon seit 1927 arbeitete Helmut Kriegel für sechs Jahre beim ASB als Packer in der Versandabteilung. Die Kriegel-Brüder wurden durch die Teilung Deutschlands getrennt. Erst als Rentner konnten sie 1975 in Düsseldorf wieder gemeinsam am Rhein stehen. Der ASB fehlte keinen Tag in ihren Gesprächen und schließlich konnte am 23. April 1990 der Arbeiter-Samariter-Bund Ortsverband Chemnitz und Umgebung e.V. in den Räumen der ehemaligen Schnellen Medizinischen Hilfe, Rembrandtstraße, durch 28 Chemnitzer Bürgerinnen und Bürgern ins Leben gerufen werden, aktiv begleitet von erfahrenen ASB-Leuten aus Düsseldorf. Sicher war es dann eine Glücksstunde für Helmut Kriegel, dass zur ,Feier des Tages' damals keine Geringere als Annemarie Renger an seiner Seite erschien und sprach. Man erinnert sich: Nach dem Wiedersehen mit seinem Pflegebruder Wolfgang, auch ein ASB-Aktivist, in Düsseldorf hat er unermüdlich alte Dokumente und Unterlagen, die für die Organisation wichtig waren, aufgetrieben und diese (verbotenerweise!) dem Arbeiter-Samariter-Bund in der Bundesrepublik übergeben.
Sechs Jahre vor Kriegels Tod kam es auf dem Rittersturz bei Koblenz zur Wiedervereinigung der beiden Rotkreuzgesellschaften, wo der Chemnitzer Arbeitshygieniker Prof. Christoph Brückner (1965 bis 1972 Leiter der Bezirksinspektion Gesundheitsschutz in den Betrieben beim Rat des Bezirkes Karl-Marx-Stadt, seit 1967 auch Volkskammermitglied und Vorsitzender im Ausschuss für Gesundheitswesen) zum Vizepräsidenten gewählt wurde. Helmut Kriegel ermüdete nicht, seine Maximen, die Werte des Arbeiter-Samariter-Bundes in Ehren zu halten und wo er nur konnte diese einzuklagen. Am 23. Oktober 1952 war ein "DRK der DDR" mit Sitz in Dresden begründet worden -- von Helmut Kriegel oft mit starker Verbitterung und Sarkasmus kommentiert.

 

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi