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Werner Illing

 

Werner Illing

Das Leben ein Boxkampf - das Gewesene ordnet sich zum Sinn

Seiner Stimme Klang - sonor, nobel kultiviert - kam mir vor vier Jahren in einem fensterlosen Raum im Stuttgarter Funkhaus entgegen. Dort beim SWF-Hörfunk hatte er über viele Jahre allwöchentliche Sendereihen zu sprechen, zu schreiben, zu planen.
Eher zufällig hatte ich im Funkarchiv zuerst das Band vom September 1961 aufgelegt, Werner Illings Rede vom "Sachsentag". Die Stimme umfing mich und sprach von der Chemnitzer Heimat, den Industrieschloten, den Strumpfverlegern aus dem Erzgebirge, von den altvertrauten Innenstadtstraßen. 1961 hatte Illing noch kostbare 18 Jahre zu leben, gewidmet auch dem Ehrenamt an der Spitze des Süddeutschen Schriftstellerverbandes und sodann - bis zu seinem 73. Lebensjahr - als Präsident der Bundesvereinigung der deutschen Schriftstellerverbände. Illing war zuerst im Chemnitzer Volksbühnengeschehen nach dem 1. Weltkrieg namhaft geworden: Im Stil der Zeit brachte er anspruchsvolle Sprechchöre zu Papier und auf die Bühne: "Aufbruch des Geistes", Chorisches Weihespiel (1924). Sein dichterisches Vermögen verband sich bald mit den Erfordernissen, fürs tägliche Brot zu sorgen. So kam es zu UFA-Drehbüchern, für Zarah Leander etwa "Das Lied der Wüste" oder "Der blaue Stern". Fundamental auch sein Frühwerk zu utopischer Literatur deutscher Zunge: "Utopolis".
Das Talent aus Chemnitzer Fabrikantenkreisen (Abitur 1914) schreibt nach Kriegsdienst und Vaters Tod, wodurch das Studium der Medizin keinen Fortgang nehmen konnte, zuerst Musikkritiken für die hiesige "Volksstimme", wird bald Frankreich-Korrespondent der "Tante Voss", der legendären "Vossischen Zeitung", wechselt 1931 zur Leipziger "MIRAG" und bringt ein erstes Hörspiel hervor: "Das Leben ein Boxkampf". Pionierarbeit im blutjungen Medium Rundfunk.
Kürzlich kam wieder gute Nachricht. Dr. Joachim Ruf hat einen Neudruck von "Utopolis" erwirkt: "Nun werde ich also anlässlich der Buchvorstellung in Chemnitz den schriftstellerischen Nachlass von Werner Illing dem Stadtarchiv Chemnitz übergeben!" Das Gewesene ordnet sich zum Sinn. So hat Joachim Ruf 1986 ein nekrologisches Bändchen von und zu Illing herausgebracht, voller Sorgfalt und Zuneigung zu einem literarisch-publizistischen Lebenswerk Chemnitzer Charakters, endend mit den "Gesängen des alten Indianers bei Sonnenaufgang auf der Prärie."

 


Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi