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Edmund Goldschagg

 

Edmund Goldschagg

Die "Süddeutsche Zeitung" nimmt im Printmedienmarkt einen Sonderplatz ein. Als Gründervater, nämlich als Lizenzträger mit dem Vertrauen der amerikanischen Besatzungsmacht im Nachkriegsmünchen, legte sich Edmund Goldschagg ins Zeug, ein Zeitungsmann seit seiner Chemnitzer Zeit. Hilfreich zeigte sich das Archiv der sozialen Demokratie: Einem Redakteur der "Volksstimme Chemnitz" auf der Spur, der zu Anfang des Ersten Weltkrieges hier in Chemnitz tätig war, bringt das erwartete Porträt eine Gruppenaufnahme hierher, die auch völlig unvermutet Edmund Goldschagg zeigt. Von Chemnitz aus nahm er seinen Weg an der Seite des später im KZ Buchenwald umgekommenen Ernst Heilmann, an der Seite Erich Kuttner, der im KZ Mauthausen verstarb. Wie es Edmund Goldschagg gelang, das Nazireich zu überleben, erzählt die Fotorückseite mit uns kostbaren handschriftlichen Angaben. Zur Zeit der Machtergreifung war Goldschagg Chefredakteur der "Münchner Post". Die Gestapo, so der Text, ließ ihn nicht unbehelligt, verhörte ihn. Goldschagg tauchte unter, ging nach Freiburg, "arbeitete als Setzer in der Akzidenzdruckerei seines Bruders, die er vom Vater übernommen". Nach anderen Quellen, die Stadtstreicher erreichten, plünderten die Nazis Goldschaggs Wohnung, belegten ihn mit Berufsverbot bis zum Ende ihrer Herrlichkeit, erst gegen Kriegsende hatte er Lebensmittelkarten zu verteilen "und ihren Missbrauch zu verhindern", wie es hieß. Die biographischen Notizen auf der alten Fotografie enthalten auch den Hinweis auf eine Begebenheit am sächsischen Hofe.

Sogleich nach seinem Studium an der Universität Heidelberg zur "Chemnitzer Volksstimme" gekommen, wurde Goldschagg, dessen Vater daheim das Parteiblatt der Sozialdemokratie druckte, zum Leutnant der Reserve befördert. Der Chronist notiert lakonisch über den Chemnitzer Offizier: "Auf ausdrücklichen Wunsch des Königs von Sachsen diesem vorgestellt. Weil er den Leutnant, der Sozialdemokrat war, persönlich sehen wollte. G., in der Marneschlacht gefangen". Mit Ernst Heilmann, dem Chemnitzer Chefredakteur, traf Goldschagg dann in Berlin wieder zusammen, wurde Mitarbeiter und Redakteur des Heilmannsche Pressedienstes. Nach dem Zweiten Weltkrieg holte ihn die amerikanische Besatzungsmacht zum Aufbau der "Süddeutschen Zeitung" nach München, wo er schon 1927 die "Münchner Post" geleitet hatte. Der Mitherausgeber und Chefredakteur, blieb allezeit auch Gesellschafter der Süddeutschen Verlags GmbH - Ein Weg, der auf der Chemnitzer Dresdner Straße 38 begann.

Edmund Goldschagg lebte bis 1971. Die Nekrologen verzeichnen dankbar seine anhaltende Tätigkeit für die Arbeiterwohlfahrt, für Tierschutz, Rotes Kreuz und Volksbühne. Als Präsident des Deutsch-Amerikanischen Klubs München war der Prinzipal des Hauses "Süddeutsche Zeitung" zuoberst der belegschaftsnahe Seniorchef, der bis zum Abschluss seines 75. in jeder Redaktionskonferenz seinen Platz einnahm und seine Stimme erhob. Der Ausgangspunkt Chemnitz blieb unvergessen, wenn Goldschagg auch nicht noch einmal nach Chemnitz zurückkehren konnte. In der bayerischen Landeshauptstadt trifft man heute seine Enkelkinder und deren Vater bei besten Gelegenheiten.

In der eng reglementierten Lokalgeschichtsschreibung der DDR-Zeit kamen Sozialdemokraten wie Heilmann, Kuttner und Goldschagg kaum vor, als habe es sie nicht gegeben. Da bleibt viel gutzumachen. Da bleibt, keine neuen Auslassungen, kein neues Schweigen zu dulden.

 

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi