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Guido Seeber

Guido Seeber

Ein Agricola seines Faches

In der Familie des Kommerzienrates C. G. Seeber, die 1811 nach Chemnitz gekommen war und zuerst den Gasthof "Zum blauen Engel" am Markt erworben hatte, gab es am 22. Juni 1879 Zuwachs. In der Kirche St. Jakobi erhielt der Knabe alsbald die Taufe und trug fortan die Namen Friedrich Konrad Guido vor dem Familiennamen Seeber. Er sollte, ausgebildet zuerst im väterlichen Fotografengeschäft Theaterstraße 33, zu dem wesentlichen deutschen Filmpionier heranwachsen, zu einem technisch-künstlerisch universellen Vorreiter ersten Ranges.
Wenn im kommenden Jahr die Cinematographie auf ihre 100jährige Existenz zurückblickt, wird die Branche ebenso Guido Seeber würdigen, wie dies allzeit von führenden internationalen Filmhistorikern von Georges Sadoull bis Jerzy Toeplitz, von Zglinicki bis Eisenstein geschah.

Seeber, dem wir die ersten Aufnahmen von Chemnitzer Straßenszenen und die ersten Kinoauführungen damit im Mosella-Saal 1898 verdanken, ging, von der Faszination des neuen Mediums gepackt, zeitig nach Berlin und dreht noch vor dem Ersten Weltkrieg 13 Spielfilme mit Asta Nielsen. Er baute später im heutigen Babelsberg das erste Glashaus-Atelier, erwählte und erwarb 1911 als technischer Chef der Filmfirma Deda-Bioskop das ganze Gelände, das dann unter den Namen UFA und DEFA zur vielgerühmten Filmstadt wurde. So meint die Filmwelt mit Fug und Recht, dass der Chemnitzer Guido Seeber auch als der Begründer der Filmwirtschaft in der Region Berlin-Potsdam-Babelsberg anzusehen ist. 50 große Spielfilme, die Seeber als "Kameraoperateur" schuf, stehen nach 40 Berufsjahren, die ihn auch nach Spanien und in andere Mittelmeerländer führten, zu Buche. Wer war berufen, die Deutsche Kinotechnische Gesellschaft zu gründen und zu führen? Der Mann, der filmkünstlerische Phantasie mit der Beherrschung von Technik, Mechanik und Optik verband. Die 61 Jahre, die Guido Seeber vergönnt waren, hat er rastlos in Vielseitigkeit genutzt. Zuletzt Chef der UFA-Trickfilmateliers, zuvor in den Weimarer Zeiten freischaffender Kameramann, zugleich Begründer, Herausgeber und Autor kinotechnischer Fachzeitschriften, Verfasser von Grundlagenwerken der Filmarbeit, ständiger Erprober patentreifer Neuheiten eigener Kreativität, ein Enthusiast, ein charaktervoller Pionier. Spätestens seit "Der Student von Prag" (mit Paul Wegener) galt er als ein Mann kühner Experimente, durch die Film erstmals zur Kunst wurde.

"Die freudlose Gasse", "Geheimnisse einer Seele", "Dirnentragödie", "Der Totentanz" und "Der Golem" nennt die Weltfilmkunst als frühe Meilensteine. Dass "die lebenden Bilder" sprechende Bilder wurden, vollzog sich nicht ohne diesen Chemnitzer Vorreiter künstlerisch-technisch vollendeter Filmgestaltung, vom frühen "Seeberophon" 1902 im Schönauer "Wintergarten" bis zur Tonfilmtechnik der 30er Jahre. Vor und an Seebers Kamera standen Greta Garbo und Harry Liedtke, Otto Gebühr, G. W. Pabst, Henny Porten und viele andere Stars und Starlets ihrer Zeit. Auch die Fridericus-Rex-Filme sind mit Seebers Namen verbunden. Und wenn die Biografie ohne weiße Flecke verzeichnet sein soll, muss auch die von Seeber im Ersten Weltkrieg in Warnemünde geleitete Marine-Bildstelle genannt werden, in der er Kameratechniker ausbildete, eine neuartige Zielbildkamera für Ernemann imitierte, die Röntgenfotografie und Luftbildkameras in die Analysearbeit einbrachte. Eine allgemeine Prosperität wird der Kinofilmkunst derzeit kaum nachgeredet, kein Boom, eher Befürchtungen, dass die anhaltende Hollywooditis elementare soziale und globale Themen von Bildwänden und -schirmen fernhalten könnte. Wenn in solcher Zeit ein potenter mittelständischer Kinounternehmer wie Heiner Kieft in Seebers Geburtsstadt dem Luxor-Palast auf die Beine hilft, wird er gut beraten sein, die Internationalität der Filmkunst mit Botschaften aus allen Kulturkreisen in seinen sieben Sälen zur Geltung zu bringen. Vielleicht erhält ein Programmkino dort den Namen "Seeberograph", wie seit 1905 das Kino in der Äußeren Johannisstraße 10 hieß; eine schöne Referenz an den deutschen Filmpionier Nr. 1, dessen Geburtshaus nur wenige Meter entfernt stand.

 

 Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi

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