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Louis Schoenherr

 

Louis Schönherr

Im Foyer der Textilhochschule Reutlingen wird der Besucher von einem Chemnitzer Spitzenprodukt fasziniert: Der erste mechanische Tuchwebstuhl, in Chemnitz erfunden, konstruiert und gebaut zwischen 1832 und 1852, noch heute bestes Anschauungsmaterial der Studierenden. Wie dieses Pilotprodukt aus Chemnitz dahin kam, den Westen erreichte, noch ehe die BRD geboren war, ist eine Begebenheit der deutschen Teilung kraft alliierter Pläne. Ausschließlich den linienfest funktionierenden Autoren der VEB-Ära war er ein kapitalistischer Ausbeuter. Jetzt kehrt das Andenken an Louis Schönherr in gebührender Aufmerksamkeit für beste Stadttraditionen wieder. Auch der Name Schönherr-Park, der vergessen gemacht werden sollte, bürgert sich wieder ein. Schönherr machte sich zuerst in Altchemnitz selbständig, bezog schon drei Jahre später das Areal am Fischweg, auf dem sich seit 1798 die erste Baumwollspinnerei Deutschlands befunden hatte. Wahre Innovationstradition!

Die Schallgrenze von 100.00 patentierten Webstühlen aus diesem Werk wurde 1908 überschritten. Beste Chemnitzer Tradition: Louis Schönherr bracht es schon anfangs auf zehn Reichspatente, sein älterer Bruder Wilhelm auf zwei weitere. Die hohen Ansprüche, die "die fabrikgemäße Erzeugung der Gewebe an die Maschinenbauer stellt", wurden neben der fabrikeigenen Spezialgießerei auch in der imposanten, weil 123 Meter langen Tischlerei Genüge getan. 737 "Arbeits- und Hilfsmaschinen" gehörten 1898 zur Schönherrschen Fertigungsausstattung. Schönherrs Personal wuchs von anfangs 20 Arbeitern innerhalb von zehn Jahren auf 200, in weiteren zehn auf 450. 1860 kamen zu den Einschützen-Webstühlen solche für gemusterte Waren mit dreifachem Schusswechsel. Auch an den Schönherrschen Gründerwagemut muss heute erinnert werden. Alles begann mit einem Teilhaber und "8000 Talern geliehenes Geldes". Schon sechs Jahre später konnte Schönherr seinen Kompagnon "mit einem anteiligen Gewinn von 30.000 Talern auszahlen". 1872 verkaufte er bei einer Gefolgschaft von 700 Mann alles für eine Million Taler an eine Aktiengesellschaft und zog sich auf einen Alterssitz im Vogtland zurück, wo er vor 85 Jahren verstarb, 94jährig! *Unser knappes Erinnern an Reißzeug-Richter unlängst in dieser Rubrik veranlasste Herbert-Louis Schönherr, einen der Ur-Ur-Enkel des genialen Chemnitzers gleichen Namens, freundliche Zeilen aus dem Schwarzwald an die Stadtstreicher-Adresse zu richten. Erfreut darüber, dass wir an dieser Stelle "Verdienste und Leitungen vergangener Konstrukteure und Erfinder aus dem Stadtgebiet honorieren und in das Gedächtnis der Bewohner zurückrufen, die in sozialistischen Zeiten als Kapitalisten und Ausbeuter verschrien waren".

Mit vollem Recht erinnert unser Leser daran, dass die 1852 in Chemnitz gegründete Schönherrsche Fabrik "von da an führend in der Welt war". Vor 50 Jahren sah das anders aus, noch 1950 war kein Export denkbar, weil "beste Stähle für Federn und Spindeln fehlen". Über den Neuanfang außerhalb der russischen Zone kann für heute mitgeteilt werden, dass es Schönherrs Erben gelang, "mit drei Eisenbahnwaggons der Reichsbahn und mit offizieller Genehmigung der Behörden einige Unterlagen in den Westen zu transportieren", die Herbert-Louis Schönherr, damals Anfang 20, in einem Schwarzwälder Bauernhaus von 1809, das er von Grund auf völlig restaurierte, unterbrachte: "Alles wurde von meinen zwei Händen abgetragen und neu hochgemauert und bewohnbar gemacht. Auch heute noch bin ich mit meinen fast 70 Jahren am weiteren Ausbau beschäftigt, und fahre noch nebenbei im Fernverkehr durch Europa". Allein von seiner Rente wolle und könne er nicht leben, lässt er uns wissen. Was aus der neuesten Schönherr-Generation geworden ist, soll erkundet werden, wenn sich die jüngsten Nachfahren des großen Urahnen alsbald in Chemnitz zu erkennen geben.

 Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi

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