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Thomas Billhardt

 

Thomas Billhardt

Fotograf Thomas Billhardt an den Fronten

Als Fotojournalist für Bücher, Plakate und Ausstellungen ist Bildreporter Thomas Billhardt dem Zentralkonflikt der Welt seit den 60er Jahren global auf den Fersen. 40 Bildbände entstanden seither, internationale Ausstellungen erbrachten Preise, die ihrerseits wiederum zu UNICEF-Arbeit, etwa auf Madagaskar und in die USA, führten. "Am 10. Februar 1989 bin ich in Gießen durchs Lager gegangen", erfahren wir von ihm, als seine Ausstellung "Kinder haben Rechte" von sich reden machte. Zum parallelen Bildband schrieb Frau von Weizsäcker im Geleitwort nachdenklich, Billhardts Fotos führten vor Augen, "wie weit wir immer noch von der Erreichung unserer Ziele entfernt sind trotz jahrzehntelanger Bemühungen." Reichtum und Ärmlichkeit der Welt, Kriegsfolgen und die Augenblicke des Friedens finden sich in Billhardts Momentaufnahmen. Ohne Auftrag, doch eben mit dem andauernden künstlerischen und moralischen inneren Auftrag, der ihn treibt, fotografierte er erst kürzlich wieder im kriegsgepeinigten Jugoslawien, glaubte vordem, aus Nikaragua oder Vietnam den Krieg, die Bomben und Fronten zu kennen: "Hier war alles anders", meint er danach, findet keine Erklärung dafür - wohlgemerkt nach Studien im serbischen wie auch im bosnisch-kroatischen Terrain!
Seine Vergangenheit wischt Billhardt nicht lax zur Seite: "Die Sowjetunion, Vietnam, Nikaragua, die Palästinenser, das war für mich immer verbunden mit einem Aufbruch, einer neuen, höheren Moral. Das habe ich so gesehen und versucht, es über meine Fotos zu vermitteln. Um so mehr schmerzt die Erkenntnis, wie hohl vieles war, wie wenig Bestand es hatte, weil es sich an den Menschen vorbei entwickelte."

Das Jugendwerk, die Zeit der Reife, der Altersertrag - welche Schaffensperiode zählt auf Dauer? In den Fotos geben die Menschenaugen Auskunft. Wo die Grenzen der Schaffens- oder Urteilsräume verlaufen, ob sie im Maßstab der Betrachter überhaupt eine Rolle spielen, wird am 10. Mai eine Gesprächsveranstaltung der Stadtbibliothek ab 20:00 Uhr im Saal des Puppentheaters am Schillerplatz zu ergründen versuchen. Sind solche Urteile überhaupt nur in jenen Jahren gefragt, da Deutschland in neuer Situation erwächst aus den Irrwegen dieses Jahrhunderts? Sind sie für Nicht-Deutsche nicht aus ganz anderem Blickwinkel aufschlussreich? Wie geht Thomas Billhardt mit seiner Biografie um, in der die Nähe zum Auftraggeber erkennbar war, wenn vom Ertrag der Reportagen das gern wohlsituierte Dasein abhängt?

Aus der Kenntnis seiner langjährigen Auslandssicht und oftmaliger Heimkehr ins Land der verspielten Ethik wird sich das Spannungsfeld am Abend der sechzigsten Wiederkehr der faschistischen Bücherverbrennung ergeben. Thomas sollte erst vier Jahre später in Chemnitz zur Welt kommen, hineingeboren in das Klima des feinsinnigen Hauses Schmidt-Billhardt. Als die Vaterstadt in Trümmern lag, erschien ihm die Vision einer redlichen Entwicklung vielversprechend, nicht immer sicher zur reinen Freude der Eltern. Warum packte er dann im vierzigsten Jahr des im Helsinki der KSZE so paritätischen Staates sein Archiv in die Koffer, um Bundesbürger zu werden? Der Saal im Haus am Schillerplatz erwartet Antwort und gibt Raum für Nachdenklichkeit.

 

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi