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Baurat Dr. Ing. Georg Laudeley

(1901-1978)

In den alten Bauakten von St. Jakobi, der ehrwürdigen Haupt- und Marktkirche zu Chemnitz, finden sich die Spuren jener aussichtslosen Bemühung der Gemeinde, das historische Geläut nicht als Kriegsmetallspende einzuschmelzen. Gegen die Hitler-Gesetzlichkeit verwendeten sich mit allen Mitteln Superintendent Gerber und eine stattliche Anzahl Chemnitzer. Dr. Georg Laudeley, ein junger Kirchenbauspezialist, wurde schließlich vom "Reich" beauftragt, die fachgerechte Abnahme der Glocken zu beaufsichtigen. Er galt seit seinen wissenschaftlichen Bauuntersuchungen, dem Diplom und der Doktorarbeit "Die Marktkirche St. Jacobi in Chemnitz - Ein Beitrag zu ihrer Baugeschichte - 1934" und der 1938 folgenden Publikation "Alte Chemnitzer Stadtpläne" (Mitteilungen des Vereins für Chemnitzer Geschichte) als Koryphäe weit über Sachsen hinaus. Doch schließlich steht er nur als "behördliche Aufsicht’ im kleinen Kreis der Augenzeugen.

Mit etwa 90.000 Kirchenglocken wurde auch die bronzene B-Glocke nach Hamburg geschafft, etwa 75.000 gelten als eingeschmolzen, nach Hamburger Quellen sollen sich am Ende mehr als 10.000, wahrscheinlich fast 16.000 Glocken in dem Freiluftlager am Freihafen Veddel befunden haben.

Wir Chemnitzer Trümmerkinder, zumeist "total ausgebombt", staunten eines Tages, als im Sakristeizugang unserer zerbombten Kirche das gute Stück heil zu ebener Erde wieder angekommen war und entzifferten die lateinische Inschrift von 1738, dem Jahr des Gusses. Der Wiederaufbau des Alten Rathauses und des Hohen Turmes für den Glockenstuhl war noch im Gange. Vieles spricht dafür, dass Dr. Laudeley unsere Chemnitzer Glocke auf dem Lagerplatz herauszufinden half und die Heimkehr der sakralen Kostbarkeit in die Wege leitete.
Unsereiner lernte Laudeley später auf den Baugerüsten des Roten Turmes kennen. Er erklärte den Wiederaufbau und die Arbeit der Gewerke vor Ort, was für uns Funkleute hieß, die Kabel bis hinauf zum Ziegelgeschoss zu bugsieren. Auch ist erinnerlich, wie Laudeley mit Stadtarchitekt Oehme und Prof. Ochs auf halsbrecherischen Ranggerüsten balancierend, uns den Wiederaufbau des Opernhauses erläuterte.

Rund um den Rathausturm gibt es seither viele Turmpunkte am Horizont, die mit Laudeleys Formwillen und Sachverstand verbunden bleiben. Der vormals spitzwinklige Schloßkirchenturm konnte seinerzeit nicht wieder zur alten Gestalt kommen (Holzmangel!). Seit Jahrzehnten steht er nun, arg verkürzt, nach Laudeleys Maß und Möglichkeit über dem Schloßteich. Als St. Johannis am Park der OdF in den 70er Jahren seine Basarke-Gestalt verlieren musste, kam auch dort Laudeleys Stilwille zur Geltung. Die Kirchen St. Jodokus in Glösa und die Jakobikirche in Einsiedel wurden auf Jahre seine Baustellen. Auch die Kirche zu Pockau, um die Übersicht abzuschließen (Renovierung im Jahre 1960), birgt Laudeleys Einfluss, "der auf Schlichtheit und Vermeidung von Verzierungen aus war". Lichtenwalde und andere edle Plätze der Chemnitzer Region haben Grund, mit Sybille Fischer, der Kustodin des Schloßbergmuseums, die besonderen denkmalpflegerischen Verdienste Laudeleys zu rühmen. Einzig Hermann von Strauch reklamiert 2007 einen Silhouettenverstoß des Chemnitzers am Schloß Wildeck im Zschopautal mit dem "dicken Heinrich". "Die jetzige Bekrönung entstand 1975/76 nach einem Entwurf von Dr. Laudeley aus Karl-Marx-Stadt als Reminiszenz an das Mittelalter. Allerdings handelt es sich um reine Erfindung, denn so hat der Turm früher bestimmt niemals ausgesehen."

Als 43-Jähriger stand Georg Laudeley vor den Trümmern seines Elternhauses an der Theresenstraße 7, nahe der Johanniskirche. Vater Kurt Laudeley bleibt als Regierungsbauassessor in den Adressbüchern verzeichnet, Mutter Linda jedoch schon 1940 als Witwe. Bis 1957 begleitet Georg die erste Instandsetzung des Kircheninneren der Schlosskirche. Im Briefkopf findet sich die Angabe "Baurat i. R.". Uns bleiben Laudeleys reiche, akribische Schriften im Regionalkundebereich der Stadtbibliothek, seine glücklich erhaltenen Aufmessungen aller Säulen, Maßwerkfelder, Rippen, Simse, Kapitellchen und Friesgalerien in Chorraum und Kirchenschiff St. Jakobi.

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi