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Claus Loeser

Claus Löser

Seinen Vater Ernst Löser im Kaßberg-Bus oder sonst in der Stadt zu treffen, war immer ein Gewinn. Als Chronist der blindenpädagogischen Dienste, jahrzehntelang selbst leitend an der Flemmingstraße tätig, gab er gebremsten Elternstolz an die nächste Generation weiter: "Claus geht einen guten Weg!"

Claus Löser besuchte Kaßbergschulen, bevor er sich beruflich auf den Acker der deutschen Filmpublizistik begab. Mit Zwanzig ging er auf die Piste, erprobte sich ab 1982 durch viele Auftritte oder Projekte als freier Musiker, Lyriker und Filmemacher. Den Mauerfall und alle Wende-schritte erlebte Claus Löser in Berlin, mittendrin. Jetzt kann er den Weg dahin in seiner Dissertation darstellen und bewerten: Der Undergroundfilm in der DDR 1976 bis 1989.

Seit 1990 zählte Löser zu den Dramaturgie-Studenten der HFF "Konrad Wolf", hatte in der "Brotfabrik Berlin", dem Programmkino im Babylon/Osten die Fäden in der Hand, suchte Zuschauerkontakte auch als Vortragender und war "Lehrer" in hauptstädtischen Volkshochschulen: Kärrnerarbeit zwischen gestern, heute und morgen. Nun stellt er Fragen wie: "Erzeugt der Zynismus allgegenwärtiger Sharholder-Value- und Break-Even-Point-Mentalität in der hassgeliebten Medienbranche irgendwann wieder die Vision eines ,Anderen Kinos‘ mit selbstgeschaffenen Vertriebs- und Produktionswegen? Liegt in der totalen Digitalisierung und der damit verbundenen Autarkie die Zukunft einer filmischen Gegenkultur?"

Dazu tritt ein zweiter Lektüre-Eindruck: Claus Löser kann über eine Biografie wie die des Gass-Schülers Jürgen Böttcher (*Frankenberg) durch lange DDR-Jahrzehnte unverstellt klar urteilen, Strawalde/Böttcher scheinen aus heutiger, bundesdeutscher Sicht mit diesem oder jenem Opus am künstlerischen, moralischen sowie politischen "Tiefpunkt innerhalb seines OEuvres" angelangt gewesen zu sein ("Wir waren in Karl-Marx-Stadt" 1967). So erweist sich Claus Löser gern und auch an anderen Kalibern in anderen Ligen als streitbar und reif urteilender Forcierer, damit Film "jenseits den Mainstreams" hilfreich der Gesellschaft wie dem Individuum bleibe und Gerechtigkeit unter den Generationen fortan ungestraft "real existiere". Aussichtsskizzen auf das erhoffte, nein dringend gebotene künftige Profil des deutschen Kinos gleichsam mit nationaler oder regionaler Relevanz.

Als Jahresperiodikum hat sich gewichtig und mit bestem Layout "apropos Film" dank der Defa-Stiftung einen Sonderplatz in der kommerzfernen wie lebensnahen exakten deutschen Filmpublizistik bewahrt. Beiträge Claus Lösers in diesen Bänden heißen: "Galerie der Verweigerer. Deutsches Kino jenseits des Main-streams" (2001), "Filme aus Samt und Stahl: Romuald Karmakar" (2002), "Zum OEuvres Jürgen Böttchers" (Strawalde 2000), "Berlin am Bosporus - deutsch-türkische Filme" (2004), "Im Zweifel für die Schwachen. Die radikale Ambivalenz des Thomas Heise" (2003), "Triptichon des Scheiterns. Die Spielfilme des Thomas Brasch" (2005): Beste Texte zu besten Veranlassungen!

 

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi