Herbert Zimmermann
(11. Juli 1913 bis 25. März 1998)
Die Detonation unweit des Wilhelm-Külz-Platzes war heftig: "Im Gaswerk hat's geknallt", blieb noch die mildeste Schilderung der Explosion zwischen Sonnenberg und Furth. Wer war das? "Sabotage" war damals ein furchterregendes Modewort kurz nach der DDR-Gründung in der SBZ. Zuerst war dann nach russischem Besatzerrecht der zuständige staatliche Leiter hochverdächtig, wenn gar nicht sofort schuldig - ratzbatz und oft genug ohne Untersuchung. Herbert Zimmermann wurde gesucht, gefunden, zu langen Vernehmungen in massiv vergitterte Räume gesperrt, tagelang. Das Haus steht noch, die Kellergitter sind frisch gestrichen, gruselig für den Wissenden noch heute - gesiebte Luft, sagt man oft lax. Jedes Mal, wenn unsereins dort vorbei kommt an der Kreuzung Weststraße/Ecke Reichsstraße, wird der Ort zum Memento. Denn im späteren Karl-Marx-Städter Sitz des Staatsratsmitgliedes Werner Seifert - dort von 1979 bis 1986 für die Bauernpartei (DBD) - war Herbert Zimmermann nicht der einzige für eine Woche U-Haft weggeschlossene Chemnitzer.
Für Herbert Zimmermann aber ergab sich - unschuldig wie er war - die Chance des Entkommens. Zurück am "Gaswerk II" und damit auch an seiner Wohnung, beherzigte er als Technischer Leiter bald den heftigen Rat guter Gefährten und fand mit Umsicht einen erstbesten Fluchtweg nach Hessen, nach Stuttgart, wie viele vor und Zigtausende nach ihm. Die Tochter stand kurz vor der Abschlussprüfung. So blieb sie vorerst noch in der sächsischen Heimat.
Am Rande der Rad-WM 1991 gab es für unsereinen das erste Wiedersehen mit Herbert Zimmermanns Familie. Man lernte die VIP-Bräuche dank Sponsor "telecom" kennen, das Martin-Schleyer-Stadion (heute Segment der Mercedes-Benz-Arena), den Stuttgarter Monte Scherbelino (einen Trümmerkegel namens Birkenkopf), den beeindruckenden Hauptbahnhof (Architekt Bonatz), der heute dem Projekt Stuttgart 21 profitgünstig geopfert werden soll. Und man staunte über die Möglichkeiten der Stuttgarter Liederhalle, jenem Kulturtempel, in dem unser Chemnitzer Herbert Zimmermann für Jahrzehnte als Technischer Leiter das Sagen hatte. Gut, ihn dank Wende und Wiedervereinigung noch putzmunter wiedergesehen zu haben... Stuttgart WM 91 - unverzichtbare Bildungsreise für einen Gebliebenen.
Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi