• St. Pauli Kirche
  • Johannisplatz
  • Gast. Sechsruthen in Glösa
  • Markthalle
  • Bismarkschlösschen
  • Burg Rabenstein
  • Nicolaibrücke
  • Wanderer
  • Tietz
  • Johanniskirche
  • Becker & Schraps

Bewertung: 5 / 5

Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv
 

Horst Brasch

Horst Brasch

Horst Brasch (1922-1989) - Generalsekretär der Liga für Völkerfreundschaft der DDR

In den 70er Jahren wohnten die Eltern von Thomas und Peter am Chemnitzer Pappelhain, am Ende der Carl-von-Ossietzky-Straße. Brasch nahm von dort aus seinen Schulweg ins heutige Gymnasium Hohe Straße.
Mutter Gerda war Bezirkskorrespondentin des "Neuen Deutschlands". Horst Brasch, der Vater, Sekretär der Bezirksleitung, mithin ein "hoher SED-Funktionär". Doch er sollte die Funktion in der Provinz als bewusste Entfernung zur Machtzentrale in Berlin empfinden: Horst Brasch war als West-Emigrant offenbar nie restlos frei von "misstrauischer Wachsamkeit".
Seine Biografie war reich an Lebenserfahrungen der Emigrationsstationen. In Großbritannien stritt er mit jugendlicher Intelligenz für die Einheit der Deutschen im Exil und nahm am Aufbau einer "Freien Deutschen Jugend" führend teil _ weit ehe eine FDJ für die Ostzone ins Leben gerufen wurde. Zur Familie Brasch zählten vier Kinder: Marion, die jüngste, trifft man heute beim RBB und wenn sie der Einladung folgt, im Herbst im Tietz. Sie ist heute die einzige Überlebende.
Klaus, Thomas und Peter Brasch sind die Söhne des kommunistischen, jüdischen Paares, das während der Nazidiktatur nach England emigriert war. 1976, im Jahr der Wolf-Biermann-Ausbürgerung aus der DDR, ging Thomas Brasch mit seiner Lebensgefährtin Katharina Thalbach in den Westen. Sein Bruder, der Kinderbuch- und Hörspielautor Peter Brasch, blieb in der DDR. Beide wollten sich nicht abfinden mit den Zuständen im geteilten und später im geeinten Deutschland _ und hielten auf ihre Art an gesellschaftlichen Utopien fest.
Keine guten Karten für Horst Brasch, für die Kaderpolitik des Politbüroveteranen jener Jahre: Sohn Thomas hatte mit seiner Protestaktion gegen den Einmarsch in die CSSR und der Inhaftierung schon einmal Vaters Position im Ministerium für Kultur (1. Stellv. d. Ministers) gefährdet. Horst Brasch wurde "abgesetzt" und "zum Studium nach Moskau delegiert". Danach begann 1970 die Karl-Marx-Städter Zeit "in der Provinz, an der Basis". Danach folgten zwölf Jahre an der Spitze der "Liga für Völkerfreundschaft" _ made in GDR. Im Sommer 89 war die Lebensuhr des ehemaligen Klosterschülers (Ettal), kaum 66jährig, abgelaufen. Zerbrach die Familie weit früher? Wie sprachen Eltern und Kinder miteinander, als Peter Brasch 1974 an der Friedrich-Engels-Oberschule auf dem Kaßberg und an der Karl-Marx-Universität ein Studium begonnen hatte, aus dem er 1976 im Zusammenhang mit der Biermann-Affäre exmatrikuliert wurde? Peter arbeitete fortan als Packer, Hilfsarbeiter und Kleindarsteller, ab 1980 als freier Autor, Regisseur und Dramaturg. Wer erinnert sich? 1990 inszenierte er am Platz der OdF, als der Stadtname Chemnitz nach Bürgerentscheid zurückgekehrt war. Im November 89 gehörte er zu den Rednern an Kerbels Marx-Kopf. Die Rede sei "zwiespältig aufgenommen worden", notiert er 1996. "Ich bringe das Wort Chemnitz noch immer schwer über die Lippen und es sträubt sich in mir noch einiges, das hinzuschreiben. Aber die Neukonvention will es so."
In der Chronik der Braschs hat zuerst der Freitod des Klaus stark erschüttert. Filmbekannt war der junge Mann etwa durch die Siebenlehner Defa-Story "Zünd an, es kommt die Feuerwehr", zuvor partiell durch "Jakob, der Lügner" (Nevergeter), postum dann schon "Addio, piccola mia" bei Lothar Warneke. An der Seite Konrad Wolfs besuchte Klaus Brasch 1978 mit Renate Krößner, auf Premierenreise für "Solo Sunny" unterwegs (Rolle des Norbert, des Saxophonisten), noch die Numerik-Kollegen (heute Kiremun, einfach spiegelverkehrt). Danach erfuhren wir bald von seiner unumkehrbaren Entscheidung: Suizid. Zum Film hatte ihn Celino Bleiweiß gerufen; zuerst als Hauptdarsteller in "Die eigene Haut", dann 1975 als Krabat.
Bleiweiß und Frau Monika Woytowicz gingen in die BRD. Wer erkennt Zusammenhänge? Wer schreibt die Familiengeschichte der Braschs? Wahrlich ein Thomas-Mann-Stoff.
"Vor den Vätern sterben die Söhne" heißt Thomas Braschs Resümee zur erdrückenden DDR-Atmosphäre. "Seine Figuren messen die eigenen Erfahrungen an den propagierten hehren Zielen und scheitern". Jetzt wäre Thomas Brasch 60. Doch "er liegt auf dem Dorothenstädtischen Friedhof direkt neben Heiner Müller begraben", sinnierte kürzlich Konrad Weiß, der mit Thomas Brasch eine Zeit lang an einem Filmprojekt arbeitete.

 

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi

Joomla 3.0 Templates - by Joomlage.com