Sabine Barth
Mit Maria Magdalena erstmals Premiere "im Ersten"
"Das hat mich ja noch nie jemand gefragt!" Sabine Barth, als Filmemacherin selbst erfahren im Interview und durchaus persönlich oft um Rat, Ansichten und Impulse gebeten, wundert sich nur kurz: "In der Schloßkirche". Also oben überm Schloßteich, beim Miramar, beim Kesselgarten und der alten Mönchskirche St. Marien.
Sabine Barth war im weiteren Kollegenkreis gleich in den frühen 90er Jahren aufgefallen in ihrem Wesen, ihrer natürlichen Fasson, ihrem Hunger auf interessante Mitmenschen und Begebenheiten, Landschaften und Umgangskulturen. Dabei von einer Universalität der Fundamente, die sich jetzt auf (relativ) besten Sendeplätzen der aktuellen deutschen TV-Medienwelt zeigen, zumindest für ihre Themen. Im speziellen Falle hatte zuerst Ende Oktober "Hier ist Petrus drin" - ein Sendebeitrag für "nah dran" (vormals "Glaubenszeichen") des MDR - für Neugier gesorgt, der dann im Abspann erst den Autorennamen mitteilte: Sabine Barth. In den dritten Programmen der benachbarten Freistaaten ist ohnehin eine besondere Erzählkultur noch gefragt, weniger gestanzte Äußerungen, mehr Bedenklichkeit mit etwas längerem Atem. Damit hat sie jetzt erstmals am Sonntag eine Premiere im Ersten geschafft: "Nächte der Entscheidung - Das Geheimnis der Maria Magdalena".
Der erneute Kontakt zu Sabine Barth bringt eine lange Liste, ihr Werkverzeichnis, ins Haus: "Weggehen und Wiederkommen" hieß anfangs eine autobiographische Dokumentation über "meine ehemalige Heimat im Osten", gesendet im Bayrischen Rundfunk und danach u. a. gezeigt bei Dokumentarfilmfesten in Lissabon, München und Augsburg. Danach besuchte sie "Sächsische Au-pairs in London" zwischen "Fernweh, Heimweh und Liebeskummer". Ein Jahr lang wollten sie dort leben, nach vier Monaten fragte Sabine, wie es ihnen gehe, bekannt seit 1998 per MDR. Als im vorigen Jahr "Holiday on Ice in Dresden" als Show-Reportage für den MDR bei der Stefan-Reiß-Filmproduktion bestellt wurde, lieferte Sabine Barth Buch und Regie, alles andere als kühl: "Funkenschlag und Showalltag", 30 Minuten: Eine 3Sat-Ausstrahlung gelang ihr mit der 45-Minuten-Dokumentation "Vom Bauernbub zum Hofbildhauer" über die Weltkarriere Balthasar Permosers, der den dresdnerischen Residenzanspruch dank opulenter Präsenz ganz legitim reflektierte. Wie gesagt, die Produktionsliste ist lang und gewichtig, einen Titel nehm ich noch: "Frau Liesche in der Semperoper" und das Fazit nach 43 Sendeminuten zu dieser Schließerinnen-Biographie: "Es hat sicher was mit Liebe zu tun" - zum Semperoper-Jubiläum im BR jetzt wiederholt.
Sabine Barth hatte 1987 Abitur gemacht an der damaligen Karl-Marx-Oberschule und danach in Leipzig bis 1990 und ab 1991 an der HFF München studiert. Letzten Sonntag "im Ersten" also erstmals ein Film, mit ihrer Handschrift, Auftakt einer fünfteiligen Reihe nobler Themen. Wer sich bei den Berufsbildern "Evangelistin" und gar "Apostolin" nicht erschrickt, dem wird eine spezielle Sicht auf diese Maria Magdalena vermittelt, da sie - wie Sabine Barth in kunstvoll erwogener Erzählweise modern vermittelt - dem Hochverräter am Kreuz wichtige Dinge in Liebe glaubhaft nachredet. (Die Betonung liegt auf glaub-haft, und zwar mit Binderstrich.)
Längst ist es legitim, biblische Geschichten selbst in Comic-Diktion zu verbreiten, da stellt Sabine Barth mit jugendfrischem Esprit dennoch ihre Ästhetik von Besinnung und Gesinnung in Würde daneben, ein andachtsvoller moderner Ton. Ausgangspunkt sind die in Berliner Museen bewahrten Pergamente der Gnostiker aus dem zweiten Jahrhundert. Daher rollt "Nächte der Entscheidung" mit einer Maria-Magdalena-Figur (Julia Urban) alle Spannung auf: "Die dichte Beziehung ist auch eine erotische." Wahrhaftig! Mithin: Fakten, Legenden und Phantasien. . .
Inzwischen sitzt Sabine Barth an neuen Themen (Konkurrenz gebietet Diskretion), augenblick-lich steht die Endfertigung ihrer Dokumentation über SOS-Kinderdörfer im Kalender. In Dresden trifft man sie überwiegend, sofern sie nicht Vater und Mutter in Chemnitz besucht. Oder sie dreht - zwischen Vatikanstadt, Jerusalem und München, der alten Residenzstadt mit Marienplatz. Nach Sabine Barths Konfirmationskirche haben wir dann nicht mehr gefragt. Aber das ist ja vielleicht ein anderes Kapitel, und hat noch Zeit.
Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi