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Prof. Dr. Carl-Gerold Arnold

Weiterer Zeitzeuge aus dem Kreis Gegangener, Gebliebener, Vertriebener

Die frische Spur zu dem pharmazeutischen Biologen im Professorenrang fand sich zuerst in einer hauptstädtischen Buchhandlung. Die "Zeitgut"-Reihe des JKL-Verlages enthält eine Episode aus der Kindheit des Chemnitzers, beheimatet bis zum Bombenangriff 1945 an der Stollberger Straße 47. "Wir wollten leben", heißt der Band, dem inzwischen weitere gefolgt sind: Etwa "Nachkriegskinder" oder "Kindheit 1939-45", Episodendetails aus dem normalen Alltagsleben zur unerlässlichen Historikerarbeit klassischer Geschichtsschreibung.

Nach vielen wissenschaftlichen Publikationen in seinem Fach setzte sich Arnold an einen spannenden Lebensbericht, der zweibändig vorerst als Privatdruck vorliegt. Doch die Teilwiedergabe bei "Zeitgut" weckt die Neugier in den Bibliotheken und Redaktionen. Nach dem Bombardement verschlug es die Familie ins nahe Erzgebirge. Als bekannter Holzgroßhändler hatte Arnolds Vater ausreichend Bekannte und fand Unterschlupf. Nach dem Rückzug der Amerikaner von der Autobahnlinie bei Rabenstein gen Westen folgte die Familie dem Flüchtlingsstrom vor den Sowjets und gelangte zunächst bis Karlsbad. Nach einem letzten Versuch, der alten Heimat näherzukommen, der aber in Crimmitschau endete, ging der 20jährige 1948 dann schon illegal nach Erlangen, in die Stadt seines Studiums und seiner wissenschaftlichen Laufbahn.

Mit großer Gewissenhaftigkeit schildert Arnold in den Lebenserinnerungen Details aus der Familienbiographie. So seinen Weg, als Kriegsfreiwilliger doch nicht mehr Soldat zu werden, die Ausbombardierung seines Elternhauses und das Überleben des Vaters im Luftschutzkeller der Nikolaikirche, die Verhaftung des Vaters später durch SMA-Beauftragte und die Haft in Bautzen für vier Jahre ohne Verhör und Urteil. Damals wurden rasch die fünf Grundstücke und vier Mietshäuser in Chemnitz enteignet, mit allen Folgen bis auf den heutigen Tag zugunsten der Wiedervereinigung... Wie Arnold die Finanzierung seines Studiums organisiert, wie er den Hausbau nach Promotion und Familiengründung angeht und bewältigt, das alles ist ein hilfreicher zweibändiger Erfahrungsbericht für Leute, denen es um Lebens-tüchtigkeit und Anständigkeit in unseren Breiten geht. Speziell die Ansichten des Biologen zur Umweltpolitik, seine Initiativen für Umweltschutz und Stadthygiene sind auf Dauer gefragt.

1964 wird der Chemnitzer zum Universitätsdozenten ernannt, knüpft bald schon wissenschaftliche Kontakte zu Instituten hinter dem Eisernen Vorhang und verfolgt seine Laufbahn als Hochschullehrer. Nach seiner alten Heimatstadt Chemnitz führt ihn der Weg erst 1990 zur Modrow-Zeit - er habe, so schreibt er, auf seinen "Spaziermärschen viele, viele Erinnerungen aufgefrischt".
Seit 1971 Extraordinarius an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, hat der Wissenschaftler zugleich ein liberales Parteiengagement im Alltag achtbar absolviert, markant nach dreizehnjährigem Kreisvorstandsvorsitz und seit 1978 mit Stadtratsmandat inzwischen Ehrenvorsitzender seiner F.D.P. am Orte, Sachwalter der dort wie hier unverzichtbaren Tugenden "Gelassenheit, Sensibilität und Fingerspitzengefühl". Dazu gefragte Fachkompetenz als Berater der Bundestagsfraktion in Sachen Forschungs- und Technologiepolitik. Wenn sich im kommenden Frühjahr eine Chance ergibt, den Biologen in seinem Geburtsort im Gespräch zu erleben, sollten sich besonders junge Demokraten diese Möglichkeit nicht entgehen lassen. Neugier ist angebracht. Auch angesichts seines Credos, das in Arnolds Erinnerungen zeitlos aufleuchtet: "Ein Land ohne Liberale wäre schlimm".

 

  Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi

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