Bischof Konrad Zdarsa*
Den Bischofshut zu tragen, das darf man Dr. Zdarsa glauben, galt sein Trachten niemals. Er füllte stets seinen Platz aus, erfüllte sein Tagewerk - also im Dienste der Religiosität, der hilfreichen Gläubigkeit, mit Rosenkranz und eingedenk der Enzyklika, der Sakramente. Auch in der guten Anhänglichkeit zur Chemnitzer Gemeinde St. Johann Nepomuk, der er nach seinem Weggang noch einmal zum 175. Gemeindejubiläum am 5. Oktober 2003 einen Besuch abstattete.
Dass er je als Bischof in aller Festlichkeit nochmals auf den Kaßberg zurückkommt, bleibt wohl eher ein frommer Wunsch. Doch willkommen bleibt er gern. Wenn er aber nach Rom zum Vatikan gerufen wird, ist das ihm als frohen Christen auch ein Fest des Wiedersehens - denn am Tiber, nahe der Engelsburg, nahe Petersdom und Vatikan, absolvierte er sein theologisches Studium in den Jahren von 1977-82 nach ersten Studentenjahren ab 1967 in Erfurt.
Dem Chemnitzer Propst Günter Negwer, der einen nachhaltigen, auch pädagogischen Einfluss auf seine Gemeinde der Jugendlichen auszuüben vermochte, folgte mit Zdarsa ein Hirte nach, dessen Frömmigkeit sich auch in dem Gedanken bündelte: Das Brot wächst in der Winternacht. Eine Sentenz, die unsereins gern als Hauptzeile dem damaligen Interview im "Chemnitzer Tageblatt" voranstellte. Und seitdem als Quell geduldigen Tätigseins verinnerlichten. "Gehet hin und tuet desgleichen..."
Alle Wege führen nach Rom. - Punkt und Fragezeichen zugleich. Für Konrad Zdarsa führte der Weg von Rom nach Chemnitz. Das Amt des Prop-stes oblag ihm für ein Jahrzehnt, vom 1. Sep-tember 1991 bis zum 31. August 2001. Aus seiner Chemnitzer Propsteigemeinde führte sein weiterer Weg gar an die geistliche Spitze eines Bistums: Der am 7. Juni 1944 geborene Konrad Zdarsa gelangte am 24. April 2007 in den Rang des Bischofs - nahezu ebenbürtig allein einem aus Chemnitz hervorgegangenen "Erzbischof Mark" (Stadtstreicher 10/2000) einer separaten katholischen Kirche mit internationaler Ausdehnung und dem Hauptsitz in München.
Zdarsas Spuren in Chemnitz dürften mannigfaltig sein. Wer sich öffnet, findet sie gläubig womöglich und jedenfalls auch unter dem Dach der Maria-Hilf-Kirche, des schönen Neubaues an der Zwickauer Straße, eines christlichen Gotteshauses, "das besonders unter seiner Obhut entstehen und geweiht werden konnte," sagt Karl Bauer, der freundliche Katholik aus der Chemnitzer Innenstadt. Rudolf Meinl, gleichfalls aus der Gemeinde Johann Nepomuk, traf sich mit Zdarsa trotz des Alters- und auch des Herkunftsunterschiedes auf gleicher Augenhöhe im respektvollen Disput wie im einigenden Gebet: "In seinen Predigten und überhaupt beim Vermitteln unserer Gläubigkeit und dem Gebot der Achtung christlicher Werte war er mir als Probst augenblicklich ein Wegweiser, in seiner Frische ein stabiler Halt", so der Sudetendeutsche heute.
Und Joachim Pilz, eine Zeit lang Oberbürgermeister nach Noll im Nachwende-Rathaus (Heiligabend wird er 75! Salve!) und als Katholik in der Kirchgemeinde tätig, schätzt Zdasa unverändert als "exzellenten Liturgen und einfühlsamen Seelsorger", als "fähigen Verwalter und meisterhaften Kenner des Kirchenrechts."
Freilich muss man damit leben, dass nicht wenige unserer Magazinleser heute gleich eingangs unserer Rubrik ihr Interesse unbedacht abschalteten. Rosenkranz? Enzyklika? Sakrileg? Die Zeiten der Missionierungen und aller Anmaßungen mit Alleinvertretungsanspruch sollten vorbei sein. Doch ohne Wissensdurst und Bildungsneigung kann sich der Globus leicht entvölkern lassen. Wir geben zu bedenken. So kann man (es) glauben oder nicht: Der Rosenkranz der Katholiken hat Geschwister in alten Kulturen. Und in der Enzyklika des Papstes nimmt der Vatikanchef auch auf jenen Karl Marx aus Trier Bezug, der als Denk-Mal-Riese in Chemnitz behütet steht: Marx habe "zwar sehr präzise gezeigt, wie der Umsturz zu bewerkstelligen ist. Aber er hat uns nicht gesagt, wie es dann weitergehen soll" , findet Benedikt (S. 29 der Ezyklika) "Seine Verheißung hat mit der Klarheit der Analysen und der eindeutigen Angabe der Instrumente für die radikale Veränderung fasziniert und tut es noch und immer wieder." So billigt der Papst dem Philosophen Karl Marx sprachliche und denkerische Kraft (28) zu und nach der Lektüre der Enzyklika urteilt Kardinal Lehmann: "Marx zählt zu den wichtigsten Pionieren neuzeitlichen Denkens."
Fürs Abitur hätte Konrad Zdarsa schon gern anfangs die "Erweiterte Oberschule" im hiesigen Format absolviert. Doch dieser Weg blieb ihm behördlich "auf Grund unzureichender Betätigung" versagt. Von Beruf ist er nun Dreher. Aus der Notlösung wurde ihm ein guter Boden, und es bedeutet Konrad Zdarsa heute noch etwas, mitreden zu können, wie weich oder hart Metall ist und wie es ist, im Schichtbetrieb zu arbeiten.
*(seit 24. April 2007 Bischof im Bistum Görlitz)
Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi