Erich Basarke
Mit hohem Sinn für Maß und Zier
Den Himmel über Chemnitz seit 1927 im Talkessel überragend, so zeigt sich der Chemnitzer Campanile, der Uhrenturm von Schubert & Salzer, als unübersehbare Symbiose von industriellem Fahrstuhlschacht und klinkerfarbener Stadtzier in art-deco-Version mit Glocke und Uhr: 63 Meter Industriepracht. Architekt Erich Basarke ist der Vater, sofern man die Geldgeber als Mutter ansehen will. Gegenwärtig ist Basarkes Name wieder öfter im Sprachgebrauch junger Leute: Tietz-Mitarbeiter sagen "im Basarke" wenn sie etwas im Anbau Moritzstraße zu erledigen haben. Basarke soll bald noch mehr in Chemnitzer Munde kommen, denn das Voxxx zieht um in die "Kammer der Technik" an der Annaberger Straße: Für dieses Grundstück ersann Erich Basarke im Architektenwettbewerb das Gebäude "Chemnitzer Neueste Nachrichten". Überhaupt hatten mehrere massive Basarke-Bauten das Glück, unzerbombt zu bleiben oder rasch wieder enttrümmert zu werden: Frisch saniert zeigt sich heute das Medienhaus an der Carola-Straße, ebenfalls ein "echter Basarke". Am Johannisplatz erhob sich die "Staatsbank der DDR" über den Tresorkellern, bis kürzlich die Bundesbank/Landeszentralbank an die Zschopauer Straße umziehen wollte. Dort am Johannisplatz war auch mit Blick in die Innere Johannisstraße Basarkes Büro, seit er das Bankhaus für den Chemnitzer Bank-Verein (später Commerzbank) errichtet hatte. Und noch ein Blick-fang: Am Falkeplatz dominiert mit leicht konkaver Front die "Deutsche Bank" - sein Entwurf von vor 1924. Allein vom ebenso stattlichen Gebäude der "Allgemeinen Zeitung, Brückenstraße" blieb nach 1945 nur ein Trümmerhaufen übrig - Baugrund später für die "Freie Presse", als sie noch "Volksstimme" hieß. In den Stadtquartieren war Erich Basarke für kraftvolle Fabrik- und Repräsentationsbauten von 1912 bis 1941 im Geschäft: Reinecker, Union, Pfauter, Wanderer. Soeben verweist der Bildband "Faszination Kaßberg" zudem auf die beachtlichen Villen dort, denen Basarke Gestalt gab; hier sei als Memento für den dort 1938 ermordeten Tietz-Direktor Hermann Fürstenheim allein der von Fürstenheim beauftragte Umbau der Villa Weststraße 13 durch Basarke bedenkenswert notiert.
Basarke kam 1904 nach Chemnitz. Ohne Abschluss verließ er die Dresdner Akademie, fing im Chemnitzer Hochbauamt als Hilfsarchitekt an. 30jährig machte er sich mit Zapp als Kompagnon selbständig. Die Liebe kam ins Spiel: 1912 Hochzeit mit der Chemnitzer Fabrikantentochter Susanne Reinecker. An der Ulmenstraße nahe des Industriemuseums ist der Erweiterungsbau der Diehl-Werkzeugmaschinenfabrik Union inzwischen eine beeindruckende Brache von Denkmalswert. Vom Reinecker-Werk an der Bernhardstraße, einem ausladend imponierenden Areal, ist seit dem Kriegsbombardement nichts übrig geblieben. Schubert & Salzer oder Pfauter in Altchemnitz waren Basarkes Auftraggeber: Dieser Stil war Chemnitz. Auch sichtbar an den Wanderer-Werken in Schönau oder dem heutigen Goethe-Gymnasium. Die Theater- und Hotelbauten Erich Basarkes (Kammerlichtspiele, UFA-Palast am Markt), die Gemütlichkeit des berühmten Cafés "Michaelis" in der Königstraße leben noch heute, Jahrzehnte nach ihrer Zerstörung - schwärmend, doch ohne Verklärung - in den Erinnerungen vieler Senioren.
Die heute häufigeren Erwähnungen Basarkes im Tietz hängt mit dem Anbau Moritzstraße zusammen. Dieser Erweiterungsbau war 13 Jahre nach der Inbetriebnahme des Warenhauses (1913 - Architekt Prof. Wilhelm Kreis) entstanden, nachdem Basarke zuvor einige Innenumbauten (Lebensmittelhalle im 4. Stock, Konditorei im 2. Stock) als einer der besten Architekten dieser Zeit ausgeführt hatte. Nun folgte 1926/27 der vierstöckige Anbau Moritzstraße für Werkstätten, Lager und Kontore - nach den Kriegsangriffen zuerst wieder als ERWA (dank Walter Müller) und später als Konsum-Warenhaus genutzt. Für die heutigen "Schnittstellen" zwischen dem öffentlichen Objekt "DAStietz" und dem eher internen Basarke-Haus hat der Architekt Tino Fritzsche behutsam gesorgt, immerhin Bausubstanz, die einer vierten Nutzungsperiode zugeführt werden sollte.
Erich Basarkes Grab ist auf dem Städtischen Friedhof zu finden, in jenem Areal im Süden, das er zu Anfang seines Arbeitslebens mit Gefallenen-Denkmalen und künstlerisch gestalteten Erbbegräbnissen für Reinecker und andere Chemnitzer Fabrikanten ausgestaltet hat.
Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi