Fritz Greuner
Der Deutsche Journalistenverband hat für November 2002 ausgerechnet Chemnitz als Kongressstadt auserkoren: Vom 10. bis 12. November trifft sich der DJV-Bundeskongress in der Stadthalle. Zu den namhaften Berufskollegen gehörte auch Fritz Greuner, der für die liberalen Chancen in DDR-Jahren als Chefredakteur und Verleger seinen Mann stand. Ein Mann vom Jahrgang 1903, Geburtstag 4. Januar.
Sportlehrer Fritz Greuner wohnte noch Anfang 1940 an der Weststraße 116, ein Jahr später stand er "im Felde" und geriet per Kriegsgefangenschaft in eine Antifa-Schule. Der spätere Chefredakteur des "Sächsischen Tageblattes" und, ab 1961, Leiter des Verlages "Der Morgen" in Berlin hatte sich nach seinen Erfahrungen in der Weimarer Republik mit Reichsbanner, Deutscher Staatspartei (DDP) und republikanischem Reichsbund zur Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands bekannt, die in den Westzonen bekanntlich ihre Entsprechung in der F.D.P. hatte. Greuner, auch hochbetagt noch ein stattlicher Mann, kannte sich in Chemnitz gut aus: Von 1950 bis 1957 Stadtverordneter in seiner Heimat, Landtagsabgeordneter bis 1952, Fraktionsvorsitzender, zwei Jahre Bezirkstagsabgeordneter in Chemnitz und dann zwischen 1954 und 1963 Abgeordneter der Volkskammer. Auch das Bonner Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen widmete ihm unter Ernst Lemmer eine Biografie, der wir als Berufsbezeichnung Textilkaufmann entnehmen. Anderen Quellen ist die Erkenntnis zu verdanken, dass Fritz Greuner das Chemnitzer Reformrealgymnasium und die Höhere Handelsschule absolvierte, gefolgt von der Akademie für Technik in Dresden. Ein letztes Mal sahen wir uns auf der Straße der Nationen, damals hatte das "Sächsische Tageblatt" kurz vor dem Böttcherbau der TU seinen Sitz. Über den Vaterländischen Verdienstorden in Bronze kam er nicht hinaus, doch die Franz-Mehring-Ehrennadel trug er bereits, als er Mitbegründer und Präsidiumsmitglied der Deutsch-französischen Gesellschaft wurde. Ab 1954 unterzog er sich den Anforderungen des journalistischen Fernstudiums, das er als erfahrener Mittfünfziger absolvierte.
Der Autorenname Ruth Greuner ist durch eine Reihe von Editionen aus DDR-Jahren ebenfalls hochachtbar bekannt: Als Gattin des in Chemnitz geborenenen Sohnes von Fritz Greuner, Reinhard Greuner, der seit 1957 den Verlag "Die Wirtschaft" leitete, ist sie in guten Bücherschränken etwa mit der Helmut-von-Gerlach-Biografie vertreten. Ihre "Gegenspieler" erscheinen mir unverändert gültig wie die Erinnerung an Publizisten wie Berthold Jacob, Walter Mehring, die Brüder Olden, Alfons Goldschmidt, Alfred Polgar Siegfried Jacobson oder Arthur Hollitzscher. Sie dürfen mit ihren Ansichten und Charakteren auch im neuen Jahrtausend nicht in Vergessenheit geraten.
Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi