Gottfried Müller
Episode anno 1992
In kalligrafischer Manier, wie sie seit Jahrzehnten Stefan Weber im Goldenen Buch der Stadt Chemnitz ausführt, ist fortan das Blatt zu Ehren Gottfried Müllers kunstvoll ausgeführt und vom Jubilar eigenhändig unterschrieben: "Anläss-lich seines 90. Geburtstages würdigt die Stadt Chemnitz das langjährige unternehmerische und gesellschaftliche Engagement von Herrn Gottfried Müller. Chemnitz, 6. August 2011."
Dem Festakt im Stadtverordnetensaal des Neuen Rathauses schlossen sich Gratulationen für den Jubilar an, wobei diesmal auch ein Bezug zu unserer Stadtstreicher-Rubrik "Chemnitzer Köpfe" mitgeteilt wurde: "Was machen Sie denn da jetzt?", wollte nämlich vor knapp zwanzig Jahren Gottfried Müller am Rande eines Literaturtreffs von dem gefragten Stadtreporter wissen, denn das Bundeskartellamt hatte dem Verlag Axel Cäsar Springer nahe gelegt, die Konzentration seiner Zeitungsarbeit in Sachsen zu mildern. Das hatte auch das Ende des "Chemnitzer Tageblattes" bald zur Folge, dessen Redakteuren der Weg zum Arbeitsamt nicht erspart bleiben konnte. "Gegangene, Gebliebene, Vertriebene", sann der Befragte als Antwort auf Gottfried Müllers Anteilnahme und fügte als Titel vage hinzu: "Chemnitzer Köpfe". - "Machen Sie ein Buch daraus", ermunterte sofort der Verleger und alteingesessene Buchhändler, dessen väterliche Geschäftsräume "Evangelische Buchhandlung Max Müller" bis Kriegsende in naher Nachbarschaft zu meinem Elternhaus in der alten Innenstadt ihren Platz hatten. Als nun zum 90. Geburtstag des Jubilars im Rathaus zu gratulieren war, erinnerten wir uns herzlich an die Episode anno 1992, weil also Gottfried Müller somit gern als Geburtshelfer des Projekts "Chemnitzer Köpfe" genannt sein kann. Ein Buch war nicht in meinem Sinn, aber eine Monatsrubrik und gern Treffs mit alten und neuen Chemnitzern allezeit wohl.
Beim Festakt im Rathaus erklang auch die Violine Gottfried Müller virtuos im Duo mit Johanna Mittag und deren Tochter. Dieses alte Instrument könnte auch eine Gottfried-Müller-Episode erzählen! Eines Tages besuchte der einstige Generalmusikdirektor Dieter-Gerhard Worm die Familie Müller in Adelsberg und strebte im Gespräch seinem Ziel zu. Er kannte seinerzeit einen hochtalentierten jungen Geiger, der - und leider bislang ohne angemessen edles Instrument - alsbald zum Konzertmeister der Robert-Schumann-Philharmonie werden sollte. Gottfried Müller wusste mit seiner Geige einen klangreichen virtuosen Ausweg und half sofort mit seinem Instrument. So kam ein gewisser Wolfgang Hentrich, 21 Jahre jung, an das Chemnitzer Konzertmeisterpult der Philharmonie und ist inzwischen von der Landeshauptstadt aus am 1. Pult einschließlich Professorenrang mit der Dresdner Philharmonie unterwegs. Und Gottfried Müllers Instrument rühmt speziell davon mit edlem Klang. Und von Chemnitzer Gesinnung.
Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi