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Edelbert Richter

 

Dr. Edelbert Richter

Für Meinungsvielfalt in Europa

Unser Gesprächspartner, der vor fünfzig Jahren in der Zwickauer Straße als Sohn eines Justizinspektors Chemnitzer wurde, sitzt seit 1991 als Abgordneter im Straßburger Europa-Parlament. Dort arbeitet er im Ausschuss für Forschung und Technologie mit, z. Z. voller Sorge um die Situation der Forschung in den Neuen Bundesländern. Dem Parlamentsausschuss Kultur-Bildung-Medien, dem er ebenfalls angehört, ist jüngst auch ein inzwischen verabschiedeter Bericht über Medienkozentration in Europa zu danken. Nun hofft er, das Papier möge zur Richtlinie für Europa werden. "Die Meinungsvielfalt in Europa ist gefährdet," meint nicht nur unser Europa-Parlamentarier, der auch durch eine Reihe von Schriften Aufmerksamkeit und Ansehen erwarb. Bis 1989 schrieb er für BRD-Zeitschriften und Untergrundpublikationen der DDR, noch 1989 erschien "Zweierlei Land - Eine Lektion, Konsequenzen aus der deutschen Misere". Sein jüngstes Buch heißt "Erlangte Einheit - verfehlte Identität. Auf der Suche nach den Grundlagen für eine neue deutsche Politik."

Es ist jetzt dreißig Jahre her, dass Richter in Freiberg als Kranführer arbeitete. Ein erster Anlauf, in Leipzig Philosophie zu studieren, scheiterte an "ungenügender politischer Reife". Ein Oppositioneller sei er damals nicht einmal gewesen, meint er gegenüber Stadtstreicher am Telefon, habe nur dauernd drängende Fragen gestellt. Die Folge: Exmatrikulation nach nur drei Monaten. Doch dann absolvierte er in Halle ein fünfjähriges theologisches Studium und schloss 1976 seine Dissertation innerkirchlich ab. Die Kurzbiografie Dr. Richters nennt dann die weiter folgenden Stationen: Bis 1987 Stdentenpfarrer in Naumburg, bis 1990 Dozent an der Predigerschule Erfurt und Pfarrer dort, Mitbegründer des "Demokratischen Aufbruchs". Im Januar 1990 kam er in die SPD, wurde Mitglied der letzten Volkskammer. Chemnitz hatte er im Gefolge der Kriegszerstörungen verlassen, aber auch, als seine Geburtsstadt einen anderen Namen trug, nicht aus dem Sinn verloren.

Wenn Richter auch inzwischen Mitglied der Grundwertekommission seiner Partei ist und der Kommission Bildung und Wissenschaft des SPD-Parteivorstands anghört, sind seine Texte dennoch nicht von imaginären Parteigrenzen beeinträchtigt, gehen den Gegenstand, so unser Eindruck, gleichsam überparteilich an. In seinem nächsten Aufsatz will er dem historischen Hintergrund dafür nachgehen, "dass wir mit unserer Umwälzung 1989 nicht so richtig glücklich geworden sind. Weltweit gab es Anfang der achtziger Jahre einen gewissen Umschwung zum Konservativismus. Dort sehe ich Wurzeln."

Für den Stein der Weisen und letztes Wort der Europapolitik der Zukunft hält Dr. Edelbert Richter die vorliegenden Maastricht-Verträge durchaus nicht. "Verbesserungsbedürftig in vielen Passagen ist der Text von Maastricht ganz gewiss, zuerst im Umweltfeld, auch im sozialpolitischen Bereich. Eine nach außen handlungsfähige EG ist auf die in Maastricht beschriebene Weise wohl auch noch nicht zu bekommen" meint er. "Aber jetzt nicht zu ratifizieren, wäre ein schlechtes Zeichen und gäbe dem Nationalismus, den wir ja nun wieder sehr massiv in Europa antreffen, Aufwind, vielleicht die Oberhand. Die Verbesserungen kommen danach."

Am Ende des Gespräches vereinbaren wir ein persönliches Wiedersehen Dr. Richters mit Chemnitzern für Ende August. Am 24. soll es im Lesecafé exlibris in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert-Stiftung einen Eruopa-Abend geben: Chemnitzer Köpfe/Chemnitzer Gespräche. Dort wird auch über Richters Denkansatz gesprochen werden, den man in seinem Buch "Christentum und Demokratie in Deutschland" findet: "Wir haben nicht mehr die Chance, aus Fehlern zu lernen, denn unsere Fehler haben tödliche Konsequenzen. Uns muss die Gefahr genügen."

 

Quelle: Stadtstreicher Chemnitz, Addi Jacobi

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